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Positionspapier des Sprachenrates Saar zur Sprachenpolitik im Saarland

Das Saarland bedarf, um als Kernregion auf Dauer den Anforderungen eines sich dynamisch entwickelnden europäischen Binnenmarktes zu entsprechen, nach Auffassung des Sprachenrates Saar weiterer sprachenpolitischer Anstrengungen, die über das bislang Erreichte hinausreichen müssen.

In den kommenden Jahren müssen alle Bürgerinnen und Bürger über ausreichende Kompetenzen in anderen Sprachen verfügen, um eine Chance am Arbeitsmarkt zu erhalten und ihr Wissen über die eigene und andere Kulturen zu vertiefen. Sprachen dienen der Verständigung zwischen Menschen, bauen Konflikte zwischen Kulturen ab und sind eine wichtige Grundlage für ein zusammenwachsendes Europa. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Grenzregion Saar-Lor-Lux.

Zu den dafür erforderlichen Maßnahmen zählen insbesondere:

  • eine selbstverpflichtende und nachdrücklichere Zielsetzung saarländischer Bildungs-politik auf qualifizierte Mehrsprachigkeit. Der Sprachenrat Saar wendet sich hierbei entschieden gegen alle Versuche, nur eine einzige Fremdsprache in der Schule zu lehren;
  • die Förderung des Deutschen als Zweitsprache im Elementar- und Primarbereich durch staatliche und private (Mercator-Stiftung, Projekt Lesen-Reden-Schreiben u.a.) Initiativen muss im Interesse der Betroffenen konzeptionell aufeinander abgestimmt und intensiviert werden;
  • alle zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer sollen in ihrer universitären Ausbildung auf die mehrsprachige Situation in den Schulen vorbereitet werden und über Grundkenntnisse in zwei Fremdsprachen – besonders Migrantensprachen – verfügen, um Lehrinhalte adressatengerecht zu vermitteln;
  • mit dem Erlernen der ersten Fremdsprache – im Regelfall des Französischen – soll landesweit bereits in den bilingualen Kindergärten, auf kreativ-spielerische Weise,  begonnen werden. In den Grundschulen soll darauf aufgebaut werden. Beider Konzepte sind aufeinander abzustimmen (Immersions-Prinzip).  Die Kontakte in der Grenzregion sind dabei zu nutzen. Eltern sollen beraten werden, damit sie die Vorteile eines frühen Fremdspracherwerbs besser verstehen und das Konzept unterstützen;
  • das bestehende Angebot an Erstbegegnungsmodellen und Sprachvermittlungsangeboten im Vorschul- bzw. Primarbereich für die Nachbarsprache Französisch muss auf Dauer gesichert und ausgeweitet sowie durch zusätzliche Qualifizierung des pädagogischen Personals begleitet werden. Dabei sollen bestehende unterschiedliche Konzeptionen vereinheitlicht werden;
  • Hauptschulabschluss anstreben, sollen neben dem Französischen auch Englisch bis zum Niveau A1 des Europäischen Referenzrahmens (GER) lernen. Für den mittleren Bildungsabschluss sollen Englisch und Französisch mit jeweils mindestens drei Unterrichtswochenstunden bis zum Niveau B1 in der ersten Fremdsprache und bis zum Niveau A2 in der zweiten Fremdsprache unterrichtet werden. Schüler an Gesamtschulen, die den Übergang in die gymnasiale Oberstufe anstreben, sollten die zweite Fremdsprache mindestens bis zum Niveau B 1 lernen; optional sollte an Gesamtschulen ein Basisangebot für den Erwerb einer dritten Fremdsprache vorgesehen werden;
  • an den Gymnasien darf es zu keinen Lücken im Fremdsprachenlernen kommen; deshalb muss in der Klassenstufe 5 die zweite Fremdsprache beginnen, die dritte ab Klassenstufe 7 bzw. 8;
  • in den Berufs- und berufsbildenden Schulen muss ein qualifizierter, berufsorientierter Fremdsprachenunterricht in Englisch und Französisch (Zielniveau: B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens) die Regel werden;
  • ein Absenken des Leistungsniveaus in den Fremdsprachen darf nicht hingenommen werden. In der Sekundarstufe II sollte das Niveau C1 des Europäischen Referenzrahmens in mindestens einer Fremdsprache erreicht werden;
  • der Fremdsprachenunterricht auf allen Stufen und in allen Schulformen sollte sich stärker als bisher an den Fertigkeitsbeschreibungen („can-do-statements“) des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens orientieren und aufeinander abgestimmt sein; zusätzlich müssen kulturelle Inhalte verstärkt vermittelt werden. Nach Auffassung des Sprachenrates sollte die saarländische Landesregierung die vorhandenen standardisierten, international anerkannten, sich an den Niveaustufenbeschreibungen des Referenzrahmens orien¬tierenden Prüfungsabschlüsse noch intensiver fördern, denn sie stellen in Zukunft einen immer wichtiger werdenden Bestandteil der jeweiligen Lernbiografie und des individuellen Sprachenportfolios dar;
  • die bestehenden Fremdsprachenangebote im Bereich der Erwachsenenbildung, vor allem an den saarländischen Volkshochschulen, müssen auf Dauer gesichert und ausgebaut werden.